Eigentlich hätten wir ja selbst darauf kommen können aber es ging halt nicht anders. Morgens aufwachen und im Zelt ist alles nass! Durch die klammen Sachen, die wir im Zelt aufgehängt haben, die hohe Luftfeuchtigkeit vom Vortag und das nächtliche Ausdünsten von uns beiden, hat sich überall eine feuchte Schicht gebildet. Beim Aufstehen stelle ich fest, dass die gesamte Zeltinnenwand und der Daunenschlafsack von außen komplett nass sind. Zum Glück habe ich mich beim Kauf des Schlafsacks für einen 'wasserresistenten' Schlafsack entschieden, von innen und die Daune total trocken :-). Doch wir haben wieder Glück mit dem Wetter. Zwar ist es draußen sehr kalt (um den Gefrierpunkt) aber die Sonne bahnt sich ihren Weg über die "Breakfast wall". Diese 'Wand' ist recht hoch aber die Sonne arbeitet drann wie wir später auch. Alles wird zum Trocknen auf Steinen rausgelegt und ausgebreitet. Heute Morgen stellen wir fest, dass sich eine kleine Eisschicht auf dem Außenzelt gebildet hat aber ... die Sonne ist ja unterwegs!

Es gibt zwei Varianten für die nächste(n) Etappe(n). Ziel ist das "Barafu Camp", das letzte Camp vor dem Gipfelaufstieg. Die erste Variante wäre an einem Tag direkt zum Barafu Camp durchzulaufen. Die Strecke ist sehr lang und geht ständig talauf- und abwärts Tendenz steigend, da das Barafu Camp ca. 700 Hm höher liegt als das Baranco Camp. Anstrengend, und das noch vor der 'Gipfelnacht'. Die zweite Variante ist es, einen Zwischenstopp auf halber Strecke im "Karanga Camp" einzulegen. Vorteile wären: Zwei kürzere Etappen vor dem 'Gipfelaufstieg', Energie 'tanken' und ausgeruhter ankommen. 'Last not least' ... einen Zusatztag einlegen ist sehr gut für die Höhenakklimatisierung und erhöht die Chancen um einiges, den Gipfel zu erreichen. Durch vorherige Recherchen haben wir uns von vornherein für den Zusatztag am Berg entschieden und somit heißt das heutige Ziel "Karanga Camp" (3.900 m). Durch diese Entscheidung haben wir es heute Morgen nicht so eilig und können in Ruhe unser Frühstück genießen und warten, dass die Sonne unsere Sachen trocknet. Dadurch geben wir den meisten 'Kilibesteigern' auch die Chance, vor uns loszuziehen.

Nach dem Frühstück, die Sachen sind inzwischen wieder trocken und gelüftet, packen wir unsere Sachen wieder zusammen und ziehen los. Auf diesen Abschnitt heute Morgen freue ich mich sehr ... die "Baranco Wall". Diese sehr hohe 'Wand' muss heute Morgen gleich als erstes überwunden werden (daher wird die Baranco Wall auch "Breakfast Wall" genannt). Reines Klettern ist hier nicht erforderlich, es geht im Zick Zack die Wand hoch. Ab und zu sind kleinere Kletterpassagen da, bei denen die Hände zur Hilfe genommen werden. Bei einer Gruppe von Franzosen scheint es Schwierigkeiten zu geben, sodass es öfter zum Stau kommt. Ernest meint wir wären sehr 'fit' und fragt ob wir ... "ja klar!" ... zu viert nehmen wir eine Abkürzung, die 'etwas direkter' die Wand hochgeht ... kurzes Klettern und Spaß pur! Schwieriger haben es hier die Träger, deren Ausrüstung oft sehr breit und unförmig ist und dadurch an einigen Steinvorsprüngen hängenbleiben. Wir helfen dabei denen, die vor uns sind und alle kommen nach ca. 1,5 Stunden Aufstieg oben an. Etwas schwindelfrei sollte man sein, wenn man sich umdrehen möchte um den Blick nach unten zu genießen. Oben ... Pause! Während der Pause lernen wir ein kanadisches Paar (Louise und Peter) kennen, mit denen wir die nächste Zeit auf der Etappe zusammen verbringen. Die Strecke ist sehr steinig und die Vegetation karg. Auch der Hochnebel hat sich entschieden mit uns zu ziehen und ist, mit einigen Unterbrechungen, unser Begleiter. An einigen Stellen wird die Landschaft durch sehr tiefe Furchen durchzogen, die wahrscheinlich von reißenden Bächen entstanden sind. Sollte hier Schnee liegen, sieht man diese Furchen nicht und es könnte dadurch für alle Beteiligten sehr gefährlich werden. Heute liegt kein Schnee auf dieser Strecke und wir springen immer wieder drüber hinweg.

Unterwegs werden wir von Nordamerikanern angesprochen:
"Habt ihr hier am Kilimanjaro Probleme mit Kopfschmerzen?"
"Nein, und ihr?"
Die Anwort von denen: "Nein, überhaupt nicht ... wir nehmen 'Diamox' und ihr?"

"Nein!"
Kommentar von denen: "Ach ja, bei uns in Nordamerika meint man, die Deutschen meinen wir würden damit Doping betreiben."
"Ja!"

Nun bin ich kein gelernter Fachmediziner aber informieren tut man sich vorher schon. "Diamox" ist ein Mittel, dass gegen die Höhenkrankheit eingesetzt wird, wenn sie einen richtig erwischt und nicht zum Vorbeugen. Durch die 'vorbeugende Einnahme' werden die Symptome unterdrückt und ein Arzt hat dann bei der akuten Höhenkrankheit (AMS) keine Möglichkeiten mehr einzuwirken. Mir ist bekannt, nach Rücksprache mit Ernest, dass die Guides generell Diamox im Gepäck haben aber lediglich für den Notfall und so bleibt es auch! Um der Höhenkrankheit effektiv entgegenzuwirken wurden bereits einige Hinweise geliefert, u. a. 'climb high, sleep low'. In diesem Zusammenhang fiel uns auf, dass wir beim 'abendlichen Spaziergang' immer nur Deutsche trafen. Lesen die mehr? Irgendwann wieder ...

Amerikaner: "Wo kommt ihr denn her?"
"Von da oben ... Akklimatisierungsspaziergang!"
"Ah, natural Diamox!"
"? ... ja!"

Am frühen Nachmittag erreichen wir nach 2 Tälern und Anstiegen das "Karanga Camp". Zelte sind, wir werden hier verwöhnt, aufgebaut. Gruß aus der Küche (Popcorn, Kekse, Tee ...) und kurz die Beine hoch. Vor dem Abendessen geht es auf den oben erwähnten 'Spaziergang' (ca. 300 Hm) und danach Abendessen. Im Camp lernen wir am Abend ein deutsches Paar kennen, sie Apothekerin. Das nächste Thema dürfte bekannt sein: Dia...!

Der Abend ist recht kühl. Nach der üblichen Besprechung und Einweisung für den nächsten Tag durch Ernest, verkriechen wir uns in's Zelt. So ein Zufall, ich entdecke ein Kartenspiel bei mir im Gepäck. Nach ca. 10 Runden "Mau-Mau" ...

... chrrrrrrrr!

Wetter: Sonne und Nebel im Wechsel
Strecke: ca. 4km / ca. 800 Hm

5. Tag am Berg, Barafu ...



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Stephan von Köller